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Ruanda - Im Herzen Ostafrikas

Der Länderwechsel ging mal wieder schnell von statten. Erfreulicher Weise bekommen viele Nationalitäten, wie auch wir Deutschen, das Visa für Ruanda kostenlos. Heidi jedoch, als Norwegerin, muss für ihre bezahlen. Und dazu werden auch immer nur Dollars akzeptiert. Das ist an jeder Grenze eine nervige Angelegenheit. Warum haben Länder ihre eigene Währung, wenn sie dann doch oft nur Dollars akzeptieren?!

Von der Grenze geht es über herrliche Straßen welche nur hin und wieder durch durch Abschnitte von Schotterpiste unterbrochen werden nach Kigali, der Hauptstadt Ruandas. Unterwegs halten wir für ein Mittagessen in einem kleinen Dorf an. Nach langer Zeit haben wir hier das erste Mal Probleme mit der Verständigung, haben die Ruander doch lange Zeit eine Affinität für den französischen Lebensstil gepflegt. Erst seit einigen Jahren wenden sie sich mehr und mehr nun auch der englischen Sprache zu, welche nun auch als erste Fremdsprache in den Schulen unterrichtet wird. Dies und sicherlich auch der Starke Einsatz internationaler NGOs nach dem schrecklichen Geschehen 1992 beschert uns eine sehr moderne und internationale Hauptstadt mit ebenso moderner Küche. Wir haben wieder Kontakt zu einem Couchsurfer aufgenommen und treffen ihn im UTC, einem Einkaufszentrum in der Innenstadt. Erstaunt sind wir in der Innenstadt vor allem über die überaus sauberen Straßen. So was habe wir schon lange nicht mehr gesehen. Unser potenzieller Couchsurfing Gastgeber hat leider nur Platz für einen Gast. Doch kurz vor dem betreten des Warenhauses hatte mich schon ein Deutscher freudig begrüßt. Also schnell wieder raus, und er sitzt noch da im Cafe. Kurz erklärt, das wir noch keine Unterkunft haben und auf der Suche nach einer günstigen Bleibe sind. Keine Frage das er uns sofort in sein Haus am Stadtrand einlädt. Für die nächsten 3 Nächte beziehen wir hier Quartier. Es gibt mal wieder die ein oder andere Sache am Landcruiser zu richten. Natürlich wird auch das Genocid Denkmal und Museum besucht. Die macher schäuen sich nicht den Beuschern die brutale Wahrheit des Massenmordes hier in Ruanda, aber auch an anderen Orten unseres Planetens in Bild und Ton vor Augen zu halten. Wir Deutschen haben durch die schulische Aufarbeitung unserer eigenen Vergangenheit und den Besuch von Holocaustdenkmälern schon sicher eine gewisse Vorbereitung oder wie ich in meinem Fall glaube eine emotionale Resistenz entwickelt. Für andere Nationen gilt dies nicht. Heidi nimmt der Besuch doch sehr mit und sie bleibt den restlichen Tag schweigsam, wo sie doch sonst eine sehr lebhafte Persönlichkeit ist.

Natürlich wird auch dem deutschen Supermarkt ein Besuch abgestattet. Hier finden wir auch eine mit Waren aus meiner Heimat gefüllte Fleisch- und Wursttheke vor. Im angeschlossenen Restaurant lassen wir uns erst ein mal nieder. Auf meinen Rat hin bestellt Ryan sich einen Leberkäse auf Brot mit Spiegelei. Und er ist genauso begeistert wie ich. Wahrscheinlich wird er irgendwann mal vor meiner Haustür in der Heimat(erde) stehen um die Köstlichkeiten zu probieren von denen ich ihm immer erzählt habe. Jeden Tag finde ich was anderes leckeres um ihn davon zu berichten ;-)

Von Kigali aus geht es, auch wenn das eigentlich nicht die richtige Richtung ist, weiter Richtung Nordwesten. Die Straßen sind wunderbar. Es geht rauf und runter. Sepentienen, an Berghängen entlang, Bergkämme führen uns über Kilometer immer weiter hinauf. Wir sind schon wieder über 2.000 Meter hoch. Ja, Afrika ist nicht flach! Hier zumindest nicht. Das Fahren macht einfach Spaß. So viel Spaß das ich ganz vergesse anzuhalten und Fotos zu machen. Na ja, die werden dem Gefühlen und der Aussicht beim durchreisen dieser Gegend sowieso nicht gerecht. Ruanda trägt nicht umsonst den Titel "Land der 1.000 Hügel". Die Menschen sind freundlich und winken mir immer wieder zu. Wir sind nicht sonderlich schnell unterwegs, meistens. Der Landcruiser hat bei den Steigungen doch ganz gut zu arbeiten.

Unser Tagesziel ist Ginseny am Lake Kivu. Von hier aus wollen Heidi und Gwyn einen Tagesausflug in den Kongo machen, ist der Grenzübergang doch nur noch 2 Kilometer entfernt. Ryan und mir ist das Visa für einen Tag dann mit 50 US$ doch zu teuer. Erster Stop im Ort ist der örtliche "Partystrand". Es ist Sonntag und jemand hat hier auch ein Partyzelz aufgebaut und es dröhnt moderen Musik aus Lautsprechern. Wir sind glücklich wieder an einem schönen Süßwassersee angekommen zu sein. Mein GPS verrät mir das es 10 Kilometer weiter südlich einen schönes Camp geben soll. Die "Paradise Malahide Campsite" entpuppt sich als eine Traumunterkunft. Campen ist mit unseren Dachzelten allerdings nur auf dem Parkplatz möglich, der jetzt nicht der schlechteste ist, und wir zahlen auch nur für ein Zelt den normalerweise hat ja keiner 2 auf einem Auto. Der Biergarten der Unterkunft ist dazu noch auf einer kleinen Landzunge gelegen von der sich ein traumhafter Sonnenuntergang über dem See und den Bergen des Kongos am Westufer beobachten läßt. Aus ihrem geplanten Kongobesuch wird leider nichts, da Heidi sich nicht wohl fühlt und sich für einen Tag und den wunderbaren Hütten einmietet und ausschläft. Wir nutzen die Zeit um die Gegend und die lokalen Garküchen zu erkunden. Wir finden ein Lokal das herrliche Buttermilch serviert. Wenn man dann noch eine Banane reinschneidet ist das fast wie eine komplette Mahlzeit. Man berichtet uns das auf der Bucht vorgelagerten Halbinsel eine heiße Quelle zu finden sie, ist dieses vulkanisch sehr aktives Gebiet. Ach ja, ich vergaß, ein bisschen nördlich von Goma, der ersten Stadt im Kongo nach der Grenze, ergießt sich seit einigen Wochen heiße Lava aus einem der Krater. Wenn man verrückt genug ist und das nötige Kleingeld mitbringt, kann man sogar am Kraterrand zelten. Aber zurück zu den Quellen. Wir machen uns natürlich auf die Suche. Und finden sie. Nicht besonders toll, da er ein Schlammloch. Aber sehr heiß. Ein paar Meter nach dem das heiße Wasser sich in den See ergießt hat ist es dann auch so weit abgekühlt das man drin Baden kann. Von hier aus hat man einen wunderbaren Blick über den Fischerhafen in der Bucht. Gwyn und ich beschließen nicht zurück zu laufen, sondern einfach zu schwimmen. Wir brauchen ungefähr eine halbe Stunde um die Bucht zu durchschwimmen, bevor wir dann bei den Fischern aus den Wasser steigen. Die zeigen sich sichtlich irritiert und fragen wir uns wo wir den her kommen. Ganz nüchtern antworten wir "Kongo" und fragen wo wir denn den Einreisestempel in unsere Pässe bekommen können. Nach einigem zögern zeigen sie doch er unschlüssig Richtung Osten und weisen uns den Weg nach Kigali.

Wir folgen dem See weiter Richtung Süden. Sämtliche Straßen sind hier nur Schotter und Erdpisten. Dementsprechend selten wird dieser Teil Ruandas, welches sonst sehr gut ausgebaut ist, von Touristen besucht. Soll uns recht sein, dann sind die Einheimischen um so natürlicher. Wir finden wieder ein wunderschönen Platz zum campen. Hier war mal ein Campingplatz, so sagt zumindest meine Karte, aber das muss schon länger her sein. Alles ist herrlich verwildert und man kann wunderbar baden gehen oder auf einem alten Anleger sitzen und den Sonnenuntergang geniessen. Auf dem Weg hatten wir ein Hotel mit Terrasse gesehen. Da gibt's doch bestimmt was leckeres zu Essen. So ist dem auch. Bei einem kühlen blonden genießen wir die letzten Lichtstrahlen auf der besagten Terrasse. Auf ein mal stehen drei Einheimische an unserem Tisch und stellen sich als lokale Sicherheitsbeauftragte vor. Aber hatte nicht kurz schon ein Polizeibeamter in Begleitung eines Soldaten bei uns am Camp vorbeigeschaut, hier spricht sich die Anwesendheit von Mzungus doch recht schnell herum, und uns wohlwollend zugenickt. Na dann ist doch alles in Ordnung. Die drei Herren jedoch zeigen sich um unsere Sicherheit besorgt. Stolz zeigen sie uns auch irgendwelche Plastikausweise mit ihren Fotos. Na die müssen natürlich echt sein. Wi zeigen uns sichtlich unbeeindruckt erklären ihnen, das wir uns keine Angst um unsere Sicherheit machen. Sie sind verwundert das wir als weiße Touristen uns nicht einschüchtern lassen. Als wir ihnen verkünden das wir nun seit 8 Monaten in Afrika umherziehen und immer irgendwo wild campen, also etwas Erfahrung darin haben auf uns selber aufzupassen ziehen sie kleinlaut von dannen. Etwas später kommen sie dann doch noch einmal vorbei und verkünden uns Stolz, das sie glauben das wir sicher sind und uns keine Sorgen machen brauchen. Na das ist ja super. Ich glaube das einzige Sicherheitsrisiko haben die Typen selber dargestellt!

Die Piste bleibt herrlich schlecht und ich fahre meistens vor dem Landcruiser, da er doch immer reichlich Staub aufwirbelt - was vielleicht auch daran liegt, das Gwyn es liebt mit dem Hinterradantrieb um Kurven zu driften. So bemerke ich auch nicht sofort als die Jungs langsamer werden, sprich ich musste am nächsten Abzweig 15 Minuten auf sie warten. Das ich bei Steigungen schneller als sie unterwegs bin ist ja nichst neues, da sie immer auf die Motortemperatur achten müssen. Aber das sie auf einmal so langsam sind ist dann schon merkwürdig. Grund für ihr neuerliches Scheckentempo ist das sich beider Federpakete an der Vorderachse verschoben haben. Es sit als dringend ein chirurgischer Eingriff in die Ferderung notwendig. Dafür benötigen wir allerdings eine ebene Fläche zum arbeiten und es wird auch schon bald dunkel. Versucht mal eine ebene Fläche in einem dicht bevölkerten und hügeligen Land wie Ruanda zu finden. Hat ein bisschen gedauert, aber schlußendlich dürfen wir auf dem Geländer einer Teeplantage unser Lager aufschlagen. Schrauben ist heute nicht mehr, es wird schon dunkel.

Am nächsten Morgen sind wir bei Sonnenaufgang aus den Federn - oder besser aus den Schlafsäcken. Heidi und Ryan machen Frühstück, Gwyn und ich fangen an zu werkeln. Also hauptsächlich Gwyn. Er schraubt gerne und lange. Doch wenn er mal eine Hand braucht bin ich zur Stelle. Am späten Vormittag erhalten wir eine Einladung zur Besichtigung der Teeverarbeitung. Hätte gar nicht gedacht das das so aufwendig ist. Und das Tee auch fermentiert wird. Pflücken und trocknen der Blätter, zerkleinern, unter zufuhr von heißer Luft fermentieren, nochmal richtig heiß trocknen, sieben, verpacken, versenden. Viel Arbeit für ein Tässchen heißes Wasser mit Geschmack!

Zu Mittag brechen wir wieder auf. Eigentlich wollten wir den kürzesten Weg - wohl aber nicht der schnellste - Richtung tansanischer Grenze nehmen. Doch wir müssen erst mal schauen wie sich die reparierten Fixierungen der Federpakete machen. Außerdem sorge ich mich um meine mittlerweile doch sehr verschließenen Ritzel. Sie müssen halt noch bis Dar es Salam halten, was nich mindestens 1800km sind. So werden wir auf den Hauptverkehrswegen bleiben. Doch als erstes führt uns der Weg nun durch den Nyungwe National Park. Das Land wir überall stark für Ackerbau genutzt. Doch mit der Einfahrt in den Nationalpark sind wir plötzlich in dichtestem Urwald. Zu beiden Seiten der Straße kann man nur wenige Meter weit in den Wald hineinschauen bevor dichtes Blätterwerk einem die Sicht versperrt. Zu unserem Glück macht der Regenwald seinem Namen keine Ehre, es bleibt trocken. Auch wenn wir ihn nur auf einer Strecke von 50 Kilometern durchqueren und ihn nicht weiter erkunden können - es ist nur in Begleitung eines Guides erlaubt der mindestens 50US$ pro Person berechnet - ist es doch ein Erlebnis. Die Bäume sind wahnsinnig hoch und mit etwas Glück kann man auch hin und wieder Primaten die Straße queren sehen. Während der Fahrt ist höchste Vorsicht geboten, weil eben diese öfter auf der Straße sind, aber es auch an vielen Stellen Erdrutsche gegeben hat und die größten Schlaglöcher immer in Kurven warten. Der Straßenbau und -erhalt werden hier sicherlich durch die Witterungseinflüsse doch sehr erschwert. Die durchschnittliche Regenmenge liegt hier bei über 200mm im Monat - es regnet  eigentlich jeden Tag zur selben Zeit. Ausnahmsweise haben wir mal Glück. Wo die Regenzeit dieses Jahr in Kenia und Uganda viel länger als gewöhnlich gedauert hat und ich jeden Tag auf dem Motorrad nass geworden bin, bleibt es hier erstaunlicher Weise für 2 Tage trocken. Endlich mal keine nassen Socken! Doch leider hat auch der schönste Regenwald mal ein Ende. Im Anschluss durchfahren wir wieder die für Ruanda typischen, landwirtschaftlich geprägten Hügel.

Am Abend treffen wir wieder in Kigali ein, wo uns Gerd wieder herzlich in seinem Heim aufnimmt. Dieses mal bleibt es wirklich nur bei der geplanten, einen Übernachtung. Nach nur 200 zügigen Kilometern stehen wir am nächsten Tag an der Grenze Ruandas zu Tansania. Wir verlassen ein sehr angenehmes Land welches uns eine weitere sehr angenehme Seite Afrikas präsentiert hat. Aber auch von einer doch sehr brutalen, nicht all zu fernen Vergangenheit zu berichten weiss, an der wir Europäer einen großen Teil der Schuld mit zu tragen haben. Wir sind vielen sehr freundlichen, jungen Menschen begegnet. Erst im Nachhinein wird einem dann klar, das eben diese zu jener Zeit der Gräueltaten aufgewachsen sind - ihre ganz eigenen Erfahrungen und Verluste gemacht haben. Für uns sehen sie alle gleich aus. Wer ist/war ein Tutsi oder Hutu. Auf welcher Seite haben sie gestanden. Opfer oder Täter. Waren sie nicht alle Opfer dieser wahnsinnigen Volksverhetzung?! Heute zeigt sich Ruanda als eine fortschrittliche Gesellschaft im Herzen Afrikas. Einzig die allgegenwärtigen Genociddenkmäler mahnen der Vergangenheit. Für uns wird es hoffentlich nicht der letzte Besuch dieses faszinierenden Landes sein. Vielleicht klappt es dann beim nächsten mal auch mit einem Besuch in Burundi. Für dieses mal fehlt uns die Zeit und die politische Lage ist auch nicht sonderlich einladend.
Doch nun auf zu neuen Ufern. Im warsten Sinne des Wortes. Wir stehen vor der Überquerung des Grenzflusses zwischen Ruanda und Tansania.