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Äthiopien - Das Dach Afrikas

Schon direkt nach dem Überqueren der Grenze vom Sudan nach Äthiopien sind die Unterschiede zwischen den Völkern dieser beiden Länder nicht zu übersehen. Es ist Sonntag, die Straßen sind voll von Menschen, die meisten Laufen. Die Geschäfte sind geöffnet, es gibt Kaffeehäuser, Bars, Restaurants und Nachtclubs. Viele Frauen bieten ihre Dienste ganz unverhohlen an den Straßenecken an. Es gibt Bier und überall toben Kinder.

Bis nach Gondar, unserem ersten Ziel, wird die Landschaft immer bergiger. Die Straße windet sich in immer neue Höhen. Gondar selber liegt auf 2300 Metern. Es ist eine erstaunlich moderne Stadt, welche auf eine Jahrhunderte alte Geschichte zurück blicken kann. Als Knotenpunkt dreier Karawanenrouten machte König Fasiladas Gonder 1636 zu seiner Hauptstadt. Aus dieser Zeit stammen die sich Mitten in der Stadt befindenden sich die Ruinen des Herrschersitzes sowie eine orthodoxe Kirche mit zauberhaften Wand- und Deckenmalereien. Zunächst gewöhnungsbedürftige, aber doch irgendwie gut ist die Nationalspeise Injera , eine Art Sauerbrot, welches mit verschiedensten Beilagen serviert wird. Dazu gibt es an jeder Ecke guten italiänischen Macchiato. Abends dröhnt aus jeder noch so kleinen Bar Musik. Teils traditionelle, teils westliche. Aber immer sehr laut! Dazu wird getanzt, wobei die Äthiopier ihre Schultern in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit bewegen. Wir "Feranji" - Fremder bzw. Ausländer - können da nur staunen. Doch mit wenn man sich erst einmal für den Genuß einer der zahlreichen Biersorten oder eines Honigweines entschieden hat, fällt auch das erlernen des Tanzes leichter.

Wir planen einen Abstecher in den Nationalpark der Simien-Mountains. Hugo und Isabelle möchten dort nur einen Nacht campen. Ich finden jedoch in Gwyn aus Wales und Ryan aus Süd Afrika zwei verbündete. Die beiden sind in einem 20 Jahre alten modifizierten Landcruiser auf dem Weg von London nach Kapstadt. Alles was an diesem Fahrzeug Strom verbaucht wird von 4 Solarpanelen und Batterien gespeißt. Sogar der Lüfter des Kühlers und die Servolenkung werden von der Sonne gespeißt. Die Panele erzeugen so viel Strom, das selbst wenn wir täglich alle unseren elektronischen Spielzeuge aufladen, die Pufferbatterien immer randvoll sind. Mit ihrer Reise wollen sie zeigen wie ideal Solarpanele in Afrika funktionieren und sie sammeln auf ihrer Website www.overlandinthesun.com spenden für SolarAid.

Gemeinsam wollen wir für 3 Tage in die Berge um zu wandern. Doch mich erwischt irgend ein Magenbazillus. Die ganze Nacht mich Magenkrämpfe. Doch wie schon 2 mal zuvor wirkt die von meinem "Privatem Rettungsassistenten" Niclas zusammen gestellte Reiseapotheke hervorragend. Nach einem Ruhetag bin ich wieder wohl auf. Muss nur noch eben ein bisschen Benzin besorgen. Das ist hier in Gondar leider nur auf dem Schwarzmarkt erhältlich. Ich bin genötigt den wahnsinnigen Preis von 30 Birr pro Liter zu bezahlen. Das sind ca. 2,25 Euro.

Gemeinsam mit nun 2 Landcruisern, dem weißen von Hugo und Isabella und dem braunen von den "SolarBoys", machen wir uns auf den Weg. Direkt hinter Gondar endet die geteerte Straße und es geht weiter auf Schotterpisten. Doch schon nach 40 Kilometern der erste Zwangsstop. Die SolarBoys haben einen Plattfuß. Doch kein Problem für die Jungs. Innerhalb von 10 Minuten können wir wieder weiterfahren. Es geht wieder höher hinauf. Die Landschaft wird immer atemberaubender, die Berge höher, die Piste schlechter. Und egal wo man anhält, innerhalb weniger Minuten sind mindestens 10 Einheimische vor Ort. Oft hören wir das typische "You! Money!" von den Kindern, doch meistens halten die einheimischen Erwachsenen sie auf Abstand. Wir müssen auf unserem Weg Richtung Norden noch öfter stoppen. Die armen Solarboys haben an diesem Tag 4 Reifenpannen. So viele Ersatzreifen hat natürlich keiner. Gwyn zieht Schläuche in die Reifen ein. Habt ihr schon mal einen Geländereifen von Hand von der Felge und wieder aufgezogen?! Die dritte Panne hatten wir in einem Dorf. Direkt vor einer Reifenwerkstatt. Doch nachdem wir gesehen haben mit welcher brachialen Gewalt die Jungs die Reifen von der Felge treiben, haben wir entschieden es dann doch wieder selber zu machen. Hier verabschieden sich dann auch Hugo und Isabella von uns. Sie fahren schon einmal vor ins erste Camp im Nationalpark. Bei der Ankunft in Debark, dem Eingang zum Nationalpark, ist uns klar das für uns hier Schluß ist. Mit den Reifen der Jungs macht es keinen Sinn in die Berge aufzubrechen. Die Pisten dort sollen noch schlechter sein. Und auch meine Reifen, die vom Sudan schon arg in malträtiert wurden leiden hier ganz doll. Wir zelten in herrlichen Feldern vor den Toren von Debark. Der Abend wird genutzt um lecker zu kochen und die Reifen der Jungs zu untersuchen und zu flicken. Schon mal solche Reifen von Hand aufgepumpt! Das ganze geschieht natürlich wieder unter der wachsamen Aufsicht von mindestens 20 Augenpaaren.

Die Nächte hier oben auf über 3000 Metern sind kalt. Einfach herrlich zum schlafen. Nicht so toll ist dann das aufwachen. Man hört ein leises murmeln. Und wenn man dann au seinem Zelt guckt, stehen sie schon wieder da, die Kinder der umliegenden Dörfer. Einige von ihnen sollen wohl eigentlich das Vieh hüten, denn ab und zu kommt ein Erwachsener vorbei und scheucht ein paar nach Hause.

Wir erkunden uns im Ort, ob es möglich ist mit einem lokalen Minibus zum ersten Camp in 40 Kilometern Entfernung zu fahren. Doch die Preise sind der Wahnsinn. Die Fahrt soll 1000 Birr kosten, ein Abendessen kostet 15 - 25. Auch Reifen sind hier nicht verfügbar.

Wir machen uns wieder auf den Weg zurück nach Gondar. Der weitere Norden wird nicht besucht. Nicht auf dieser Reise. Aber ich werde wieder kommen.

Die Rückfahrt wird nicht besser. Die Jungs haben wieder 5 Pannen. Bei der dritten Panne, wie immer haben wir die Warndreiecke aufgestellt, fangen die umstehenden Einheimischen auf einmal wild an zu rufen und zu gestikulieren. Da hat doch glatt einer der Busse angehalten. Nicht um uns zu helfen. Nein. Der Busfahrer hat eines unserer Warndreiecke geklaut. Also schnell auf's Motorrad und hinterher. Eine Verfolgungjagd auf äthiopischen Hochgebirgsschotterpisten. Im Nachhinein nicht gerade das vernünftigste! Nach ca. 10 Kilometern habe ich es dann geschafft den Bus zu überholen und unter lautem gehupe und fluchen auszubremsen. Der Busfahrer hat zu nächst angehalten, wollte dann aber wohl versuchen mein Motorrad mit seinem Bus von der Straße zu schieben. Und ich sitze noch auf dem Motorrad. Der Untergrund ist so uneben und abschüssig das es unmöglich ist die Maschine abzustellen. Zum Glück hält ihn einer der Passagiere aus. Ich fluche laut auf englisch weiter. Rufe laut "I've called the Police!" und halte mein Handy in die Höhe. Immer mehr Einheimische versammeln sich. Irgendwann zieht der Busfahrer dann doch das Warndreieck unter der Verkleidung des Amaturenbrettes hervor und überreicht es einem Passagier der es mir stolz überreicht. Ich stopfe es in meine Jacke und fahre zurück zu den Jungs. Bei meiner Ankunft gucken alle reichlich ernst und enttäuscht drein. Als ich dann aber das Warndreieck aus der Jacke ziehe ist der Jubel bei allen groß. Auch die Einheimischen jubeln, haben sie uns doch schließlich auf den Diebstahl aufmerksam gemacht.

Bei der Ankunft in Gondar ist die Sonne schon lange untergegangen. An diesem Tag gab es 5 Plattfüße zu reparieren. Nach 280 Kilometern Schotterpiste, 9 Plattfüßen und einer wahnsinnigen Landschaft sind die Reifen der Jungs total fertig. Einen ganzen Tag lang verbringen wir mit der Suche nach bezahlbaren vernünftigen Reifen. Ohne Erfolg.

Wir brechen auf nach Bahir Dar am Südufer des Tana See.